Meine Kolumne in der HZ

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Das war aber letzte Woche eine unsanfte Landung auf den Boden der Tatsachen. Aus dem sonnigen Süden, dem Nichts-tun-Gefühl, zurück ins regnerische und kühle Deutschland. Das macht doch einen Unterschied, der Wehmut auslösen kann. Das ganze Land strebt jetzt wieder seinen Pflichten zu. Büros sind wieder besetzt, die Schüler werden in Kürze wieder die Schulbank drücken. Sicherlich ist Arbeit und Leistungserbringung im Grunde genommen ein sehr sinnstiftendes Element, weil wir durch unsere Erfolge den Selbstwert stärken und Anerkennung erhalten, selbst wenn es nur durch die Gehaltszahlung auf dem Konto sein sollte. Doch unsere Art des Anspruchsniveaus unterscheidet sich doch stark von der südländischen Mentalität, in der mehr Ruhe und Gelassenheit vorherrschen. Dort werden die Zügel etwas lockerer gehalten. Wenn heute etwas nicht geschieht, dann halt eben morgen. Was in unseren Breiten nicht unbedingt als Tugend gilt, kann den Alltag ganz schön entstressen. Während wir uns relativ viel Druck einverleiben und dabei leichter ein Magengeschwür erleiden, wird im Süden einfach losgepulvert und dem Ärger Luft gemacht, wie dort auch mal kurz Wolken aufziehen, die relativ schnell wieder verschwunden sind. Kurzum: Auch wenn wir wieder in unserer Leistungsgesellschaft angekommen sind, sollten wir uns etwas von dem Urlaubsfeeling behalten. Just an meinem ersten Arbeitstag fragte ein Patient nach dem Sinn des Lebens und stellte dabei sein tägliches Hamsterrad, in dem er einfach läuft und läuft, in Frage. Wenn der ewige Druck und Stress so unbedenklich wären, dann gäbe es das Krankheitsbild des Ausgebranntseins, eines Burnouts, nicht. Es ist definitiv gesünder, noch nach etwas anderem zu suchen, als das eigene Leistungsmotiv ständig zu überfordern. Man zieht sicherlich eine traurige Bilanz, wenn man überlegt, wieviel Zeit des Tages man in die Erfüllung von Pflichten investiert und wie wenig Möglichkeit des Ausschnaufens und Regeneriens es eigentlich gibt. Dabei ist doch das Auftanken ganz entscheident, denn man würde schließlich auch nicht das eigene Auto laufen und laufen lassen ohne Benzin zuzuführen. Andernfalls würde es sicherlich keinen wundern, wenn das Auto einfach stehen bliebe. Wer ausgebrannt in Behandlung kommt wünscht sich daher auch eine schnelle Wunderheilung oder eine "Aufbau-Spritze", damit man schnell wieder die alten Runden "fahren" kann. Mit einer wirklichen notwendigen Änderung der eigenen Einstellung und des eigenen Lebenskonzepts rechnet man nicht. Es gibt so viele Energiefresser im Alltag, die man aufspüren und verändern sollte. Im Grunde genommen geht es um eine Wendung weg vom ewigen Müssen hin zu mehr Wollen und Dürfen. Einfach mal eine Pause einlegen, den Moment des Nichts-Tuns genießen. Das hat absolut nichts mit Belzen zu tun. Es ist kein Drücken vor der Arbeit, sondern ermöglicht erst deren langfristige reibungslose Durchführung. Jeden Moment des Tages sinnvoll zu nutzen heißt nicht, ständig zu werkeln. Vielmehr ist eine Innehalten und Genießen eine Hommage ans Leben. Das Leben ist ein Geschenk, das gelebt werden will und nicht nur sinnhaft in Arbeit eingesetzt. In diesem Sinne: Schauen sie sich ein bisschen etwas von den Südländern ab. Genießen Sie mehr, sehen Sie mit offenen Augen das Schöne und Lebenswerte und halten Sie bei der ganzen Arbeit, die schließlich doch noch vorhanden ist, zwischen durch einmal Siesta. Dann stehen Sie wieder im Leben.
Ihre Diana Gallmeier
Diplom-Psychologin